Das Jahr 2023 bringt im Bereich des Aktienrechts zahlreiche Neuerungen mit sich, welche die Jahresrechnung für Unternehmen in der Schweiz merklich verändern. Per 1. Januar 2023 ist die Reform des Aktienrechts in Kraft getreten. Diese eröffnen nicht nur neue Möglichkeiten zur Verwaltung des Aktienkapitals, sie betreffen auch massgeblich die Befugnisse und Möglichkeiten der Generalversammlung. Weiterhin werden dem Verwaltungsrat erweiterte Pflichten auferlegt. aumico hat die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengestellt, um Ihnen einen Überblick zu verschaffen.
Aktienrecht 2023 – wesentliche Änderungen
Mit den Änderungen des Aktienrechts werden den Gesellschaften neue Möglichkeiten eröffnet. Darüber hinaus werden im Gegenzug auch erweiterte Verpflichtungen auferlegt. Mitunter wird es ab dem Jahr 2023 möglich sein, Aktienkapital in Fremdwährung zu dotieren. Weiterhin sind Nennwerte von weniger als 1 Rappen möglich. Die Einführung eines Kapitalbandes mit der Voraussetzung der Statutenbestimmung sowie die Möglichkeit der Ausschüttung von Zwischendividenden sind weitere wesentliche Änderungen. Durch die fortschreitende Digitalisierung haben sich zudem Neuerungen bei der Generalversammlung ergeben. Auf diese sowie auf die erweiterten Pflichten des Verwaltungsrates und die Erweiterung der Rangrücktrittsvereinbarungen von ungerechtfertigt bezogenen Leistungen wird nachfolgend näher eingegangen.
Mehr Spielraum bei Aktienkapital und Dividenden
Aktienkapital
Ab sofort haben private KMU die Möglichkeit, ihr Aktienkapital in einer zulässigen Fremdwährung wie dem Euro, US-Dollar oder britischem Pfund zu führen. Die Voraussetzung ist, dass die Fremdwährung als gängige Währung des Unternehmens Verwendung findet. Zukünftig darf der Nennwert von Aktien vom bisherigen Minimum von CHF 0.01 abweichen. Er muss jedoch immer grösser als Null sein.
Zwischendividenden
Zudem können Interimsdividenden aus dem laufenden Geschäftsjahr ausgeschüttet werden, was die längere Haltedauer einer Aktie deutlich attraktiver machen könnte. Grundlage für die Zwischendividenden ist ein Zwischenabschluss. Der Zwischenabschluss muss nach den Bestimmungen der Jahresrechnung erstellt werden und eine Bilanz, eine Erfolgsrechnung und einen Anhang enthalten. Unter bestimmten Bedingungen kann mit dieser Änderung zur Jahresrechnung der Schweiz auch die gesetzliche Kapitalreserve an die Aktionäre zurückbezahlt werden.
Partizipationskapital
Nach bisherigem Recht darf das Partizipationskapital eines Unternehmens maximal das Doppelte des Aktienkapitals betragen. Zukünftig darf das Partizipationskapital für börsenkotierte Gesellschaften das 10-fache des Aktienkapitals nicht übersteigen.
Kapitalband
Eine weitere Neuerung findet sich in der Möglichkeit der Einführung eines Kapitalbandes. Dieses weist eine Bandbreite von plus 50 % bzw. minus 50 % des eingetragenen Aktienkapitals auf. Innerhalb von maximal fünf Jahren kann der Verwaltungsrat das Aktienkapital im Rahmen des Kapitalbandes erhöhen oder herabsetzen. Alle Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen innerhalb des Kapitalbandes müssen neu im Anhang zur Jahresrechnung offengelegt werden.
Neuerungen bei der Generalversammlung
Die Möglichkeit der Erhöhung oder Herabsetzung des Kapitals wurde im Rahmen der Jahresrechnung der Schweiz bisher mittels einer ordentlichen Deklaration umgesetzt. Der Generalversammlung wird künftig die Befugnis eingeräumt, sowohl bei Gründung als auch zu einem späteren Zeitpunkt das Aktienkapital zu verändern.
Dies geschieht durch eine Ermächtigung in den Statuten, mit welcher der Verwaltungsrat befähigt wird, das Kapital in einem durch die Generalversammlung bestimmten Rahmen über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren zu verändern.
Die Generalversammlung kann den Verwaltungsrat dazu ermächtigen, das Aktienkapital im Rahmen des Kapitalbandes zu erhöhen oder herabzusetzen. Neu ist, dass mit einer Ermächtigung beide Möglichkeiten kombiniert werden können. Das Kapitalband erlaubt eine Erhöhung oder Herabsetzung von bis zu 50 % des Volumens des Aktienkapitals.
Dadurch kann das Aktienkapital den aktuellen Entwicklungen entsprechend flexibel verwaltet werden. Die bisherige Möglichkeit der Kapitalerhöhung war auf zwei Jahre begrenzt. Durch die Revision des Aktienrechts werden den Gesellschaften in der Schweiz neue Möglichkeiten eröffnet. Die Handlungsfähigkeit wird sichergestellt und dem modernen Aktienmarkt angepasst, welcher zunehmend schnelle Reaktionen auf aktuelle Entwicklungen erfordert.
Darüber hinaus wird die Flexibilität der Generalversammlung dadurch erhöht, dass sie nicht mehr verpflichtend als Präsenzversammlung durchgeführt werden muss. Eine rein virtuelle, eine hybride oder eine rein schriftliche Generalversammlung stellen seit Inkrafttreten der Gesetzesnovellierung Alternativen zum bisherigen Modell dar.
Es besteht zudem die Möglichkeit, eine Generalversammlung nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland abzuhalten oder parallel an mehreren Standorten durchzuführen. Allerdings müssen bestimmte Kriterien eingehalten werden, wie beispielsweise eine entsprechende Regelung in den Statuten. Wenn eine parallele Durchführung gewünscht wird, ist es besonders wichtig, dass alle Teilnehmerstimmen in Bild und Ton an allen Veranstaltungsorten übertragen werden können. Die Generalversammlung kann darüber hinaus ihre Beschlüsse auch auf dem Zirkularweg fassen. Dies gilt immer dann, sofern keine mündliche Beratung beantragt wird und alle Aktionäre vertreten sind.
Erweiterte Pflichten des Verwaltungsrates
Die Pflichten des Verwaltungsrates haben sich geändert und wurden in Teilen erweitert. Nach der neuen gesetzlichen Regelung muss der Verwaltungsrat jetzt explizit die Überwachung der Liquidität und die Zahlungsfähigkeit sicherstellen. Sobald der Verwaltungsrat eine begründete Besorgnis der Zahlungsunfähigkeit erkennt, muss er Massnahmen ergreifen, um die Zahlungsfähigkeit wieder sicherzustellen. Diese Regelung verpflichtete den Verwaltungsrat dazu, dass er bereits bei der Erkennung einer Gefahr der Zahlungsunfähigkeit handeln muss.
Wenn die Jahresrechnung einen Kapitalverlust zeigt, ist keine sofortige Einberufung einer Generalversammlung mehr erforderlich. Die Rechnung muss jedoch vor der Genehmigung durch die Generalversammlung von der Revisionsstelle geprüft werden.
Eine weitere Änderung zur Jahresrechnung der Schweiz liegt darin, dass der Verwaltungsrat im Falle einer Überschuldung nicht mehr in jedem Fall das Gericht benachrichtigen muss. Wenn es Aussichten gibt, dass die Überschuldung innerhalb von 90 Tagen seit Vorliegen der Zwischenabschlüsse behoben werden kann, kann auf den Gang zum Gericht verzichtet werden.
Rangrücktrittsvereinbarungen in der Jahresrechnung der Schweiz
Der Abschnitt zur Verhinderung der Benachrichtigung an den Richter durch einen Rangrücktritt wurde ebenfalls modifiziert und verschärft. Bei einem Rangrücktritt handelt es sich um einen Vertrag, bei dem ein Gläubiger, in der Regel der Hauptaktionär, seine Forderung gegenüber dem Unternehmen zurückstellt. Dies ermöglicht es, alle anderen Gläubiger vorrangig zu bezahlen, bis eine Unternehmens- oder Liquiditätskrise überwunden ist. Die Rangrücktrittserklärung ist nur dann rechtsgültig, wenn sie das Darlehen sowie die Zinsforderungen während der Überschuldung umfasst und diese ebenfalls gestundet werden.